Gesundheitsbilder und Brennpunkte

Gesundheitsbilder und Brennpunkte

Erkundungen im Umfeld der drei IB-Hochschulstandorte Berlin Köln Stuttgart

Ziel: Analyse sozialer- und kommunikativer Bedingungen von Gesundheit in ausgewählten "Problem-Vierteln", Beitrag zum besseren Verständnis von subjektiv wahrgenommener Gesundheit und eine differenzierte Beschreibung des Zusammenhangs von sozialem Umfeld und Gesundheit.

Beteiligte und Finanzierung: Internes Forschungsprojekt der IB-Hochschule Berlin. Teilnehmer: 12 Studierende, 4 Dozenten:
Prof. Dr. Hermann-Röttgen, Dr. Kerig, Prof. Dr. Meier-Dallach, Prof. Dr. Schütz

Erfolgte Maßnahmen: Das Projekt spielt die Rolle eines Pilotprojekts und befindet sich nach dem zwei-tägigen Einführungsseminar in der Feldphase an den drei Orten (es sind drei Studentengruppen aus Berlin, Köln und Stuttgart tätig).

Perspektiven: Das Projekt wird in einer gemeinsamen Veranstaltung präsentiert und diskutiert (Disziplinen: Pädagogik, Psychologie und Soziologie, Urbanistik). Das Thema ist Ausgangspunkt für weitere Projekte, z. B. auch Auftragsprojekte im städtischen Umfeld. Außerdem sind zwei Bachelor Themen in Arbeit. Konkret ist zudem an studentische Aktionen in den „Problem-Vierteln“ gedacht, um aus den Forschungen resultierende Problemfelder möglicherweise akut und unmittelbar durch Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden zu verbessern und so unmittelbar Forschungsergebnisse fruchtbar umzusetzen.

Seit Herbst 2011 wurden von den drei Stadtgruppen die Feldarbeiten durchgeführt und für das Auswertungsseminar in Frankfurt a.M. (16. – 17. 3. 2012) aufbereitet: Es umfasste die Diskussion und Auswertung der Ergebnisse aus den drei Quartieren – nach den folgenden Punkten:

  1. Die Berichterstattung und der Austausch der Erfahrungen im Laufe der Feldarbeiten: die Ergebnisse umfassen die durchgeführten Interviews, die von allen Teilnehmern zusätzlich verfassten "Essays" und Quartiersprofile
  2. Die Präsentation der Fragebogenanalyse und ihrer experimentalpsychologischen Auswertung sowie das Aufzeigen der angewandten Methoden
  3. Die Vertiefung durch eine Einführung in die Aspekte des Gesundheitsbegriffs, die methodischen, qualitativen und quantitativen Ansätze in der Psychologie und der Soziologie, die besonderen Wege in der Hörpädagogik
  4. Die Identifizierung und Formulierung der Themen für die Bachelor-Arbeiten durch die Teilnehmenden und die Festlegung der Betreuung
  5. Die Erstellung des Dispositivs für den Schlussbericht und die Aufteilung der Arbeiten

Der Bericht ist als Publikation mit folgenden Inhalten verfasst. Und demnächst als Publikation bei Opus Magnum erhältlich.

Gesundheitsbilder und Brennpunkte - FON Logopädie

Gesundheitsbilder im Stadtquartier

Erkundungen im Umfeld der drei IB-Hochschulstandorte

Berlin - Köln - Stuttgart


IB-Hochschulstandorte

Eine Studie der Gesundheitswissenschaftlichen Fakultät der IB-Hochschule Berlin

2011/2012

Unter Leitung von

Prof. Dr. Marion Röttgen, Prof. Dr. Hans-Peter Meier-Dallach und Dr. Gero Kerig


Vorwort

Gesundheitsbilder - oder wo fühlen wir uns wohl?


Teil I - Einführung ins Projekt

Zielsetzung, Konzept und Vorgehen des Projekts
Art und Auswahl der Lebensräume
Befragung pro Quartier – der quantitative Weg
Quartiersportraits und Wohlbefinden
Zielgruppen und Dialog


Teil II - Quartiersportraits und qualitative Erkundung

Berlin Wedding
Stuttgart Heusteigviertel
Köln Eigelstein


Teil III - Befragungen und quantitative Resultate

Auswertung der Interviews zum Thema "Gesundheitsbilder"


Teil IV - Erweiterung des Gesundheitsbegriffs durch die Ottawa Charta

Die Forschungsgebiete der Gesundheitswissenschaften müssen erweitert werden
Wege zu einem anderen Gesundheitsverständnis
Die dreifache Herausforderung


Teil V - Zusammenfassung


Teil VI - Technischer Anhang

Ablauf
Instrumente
Portrait und Essay des Quartiers / Viertels in den drei Städten
Literatur

Vorwort

Gesundheitsbilder - oder wo fühlen wir uns wohl?

Die Frage, was Gesundheit ist, scheint trivial und ist doch nicht eindeutig zu beantworten. Selbst die Definition der WHO löst nicht das Problem der Relativität dieses Begriffs. Was in der einen Kultur als krank und behandlungsbedürftig empfunden wird, wird in einer anderen als normal, zumindest als unwichtig und nicht krank bezeichnet.

Genauso unterschiedlich ist der individuelle Umgang mit körperlichen Einschränkungen, mit Schmerzen und anderen Symptomen. Offensichtlich spielt die durch Charakter, Kultur und Umgebung geprägte Einstellung eines Menschen eine große Rolle dabei, wann er sich für krank hält und wann für gesund.

Unsere Gesellschaft macht sich Gedanken um den negativen Beitrag, den die Umwelt zur Gesundheit der Bürger beiträgt. Schmutzige Luft und Lärm sind die gravierendsten Faktoren, die es zu untersuchen gilt.

Wir haben beschlossen, in drei Städten die Quartiere genauer zu erkunden, in denen unsere Hochschule liegt. Alle drei weisen gewisse Ähnlichkeiten auf, weil sie erwartungsgemäß in Vierteln liegen, die erschwingliche Mietpreise haben. In allen drei Quartieren werden die höchste Lärmquote und die stärkste Luftverschmutzung der jeweiligen Städte gemessen.

Wie zu erwarten sind diese Viertel in jeder Hinsicht als „gemischt“ zu bezeichnen: dort wohnen viele Ausländer, Geringverdiener, Familien mit wenig Geld und vielen Kindern, Singles, gelegentlich Künstler, die die „Szene“ suchen. Dazu gesellt sich rasch Prostitution und Kleinkriminalität.

Andererseits aber sind hier die Ladenangebote ungewöhnlich vielseitig, über große Supermärkte bis hin zu vielen kleinen Lädchen unterschiedlicher Art. Preiswerte Kneipen und Gaststätten ergänzen die bunte Vielfalt.

Unser erster oberflächlicher Eindruck war, dass die Menschen sich hier dennoch erstaunlich wohl fühlen. Wie konnte das sein? Was ist es, das zu einer positiven Befindlichkeit in einer problematischen Umgebung führt?

Unsere Hypothese, dass in diesen Vierteln eine intensive direktere Kommunikation zwischen den Menschen herrscht, bestätigte sich in hohem Maße. Uns wurde berichtet, dass man noch Nachbarschaftsbeziehungen pflegt, dass man sich kennt und gegebenenfalls auch mal hilft. Die Kneipe an der Ecke ist ein Anlaufort für Menschen, die allein sind, die Rat brauchen oder aber auch einfach das zusätzliche Wohnzimmer des Quartiers.

Die Befragungen bestätigten unsere Hypothese: Offenbar fühlen sich die Bürger in diesen ungesunden Quartieren erstaunlich gesund.

Viele Fragen tun sich uns jetzt auf:

  • Wie gesund sind diese Bürger wirklich?
  • Welche Krankheiten treten hier vermehrt auf?
  • Wie viele Ärzte und wie viele Arztbesuche gibt es in der Relation zur Bevölkerung?
  • Wie stehen diese Ergebnisse im Vergleich zu anderen sogenannten noblen Vierteln, die in der Regel im Westen der Städte oder in den grünen Randgebieten liegen?

Ein spannendes Thema, das zu vielen Untersuchungen herausfordert und uns am Ende dieser Fragen dahin führen muss, in interdisziplinärer Arbeit Konsequenzen für die Stadtplanung zum Wohle aller zu erarbeiten.

Das Projekt verlangte, die Zielsetzung im Rahmen eines Konzepts anzugehen. Dadurch sollte der Anreiz für das Forschen in diesem spannenden Gebiet gefördert werden. Zugleich wurden dadurch Wege zum qualitativen und quantitativen Umgang mit Forschung aufgezeigt und gemeinsam begangen.

Prof. Dr. Marion Hermann-Röttgen
Forschungsbeauftragte der Hochschule